Neue Lübecker Orchesterakademie bundesweit einmalig

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Redakteur
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Die Musikhochschule Lübeck (MHL) und das Theater Lübeck (TL) haben ein bundesweit einmaliges Kooperationsmodell für eine Orchesterakademie entwickelt, die Musikstudierenden einen optimalen Einstieg in ein Berufsorchester ermöglichen soll. MHL-Studierende durchlaufen dabei ein dreistufiges Modell, das sie fortlaufend intensiver in die professionelle Arbeit des Philharmonischen Orchesters Lübeck einbindet.

Foto von Konrad Dittrich (v.l. Julia Puls, Holger Roese, Caroline Lüer, Caroline Spengler, Akademisten der zweiten und dritten Stufe )

Die neue Lübecker Orchesterakademie ist im Herbst 2017 gestartet. Ihre Besonderheit ist das Zusammenwirken der beiden Institutionen MHL und TL, die die Studierenden gemeinsam betreuen, während andere Orchesterakademien in der Regel nur an das Berufsorchester angegliedert sind. Eine Verknüpfung mit der Ausbildung an einer Musikhochschule in Form eines Dreistufenmodells ist in Deutschland einzigartig. Seit September wirken die ersten Akademisten in den Konzerten und Opern des TL mit. Ziel ist eine bessere Verzahnung von Ausbildung und Beruf, die sich über drei Stufen immer mehr intensiviert. Für jede Stufe müssen die Studierenden die Hürde eines Vorspiels meistern. Rund 40 junge Musikerinnen und Musiker stellten sich der Auswahljury vor, 20 von Ihnen wurden bisher in die Orchesterakademie aufgenommen. Das Projekt, bei dem die Studierenden Pauschalhonorare für ihren Einsatz erhalten, wird von beiden Institutionen mit Unterstützung der Possehl-Stiftung Lübeck finanziert.

Die erste Stufe ermöglicht Studierenden der MHL im Studiengang Musikpraxis das ,,Schnuppern“ in ein Profiorchester. Im Rahmen einer Intensivwoche sind sie bei einem Sinfoniekonzert des Philharmonischen Orchesters Lübeck dabei. Das Probespiel für die erste Stufe findet in der aktuellen Spielzeit des TL im Frühjahr 2018 statt.

In der zweiten Stufe können bis zu siebzehn Studierende der MHL höherer Semester teilnehmen, die sich in ihrem Studium auf Orchesterspiel spezialisiert haben oder bereits im Master studieren. 20 MHL-Studierende haben für die zweite Stufe bereits vorgespielt. Unter ihnen erhielten vier Violinisten, zwei Bratschisten, eine Cellistin, ein Kontrabassist und sieben Bläser einen Platz in der Orchesterakademie. Sie wirken in zwei Sinfoniekonzerten und zwei Opern mit maximal 40 Diensten mit.

Die dritte Stufe der Orchesterakademie richtet sich nicht nur an MHL-Studierende, sondern wird bundesweit ausgeschrieben. Sie ist auf die weitere Professionalisierung ausgerichtet. Von den rund 20 internationalen Bewerberinnen und Bewerbern wurden fünf junge Musikerinnen und Musiker ausgewählt: Bei den Schlagzeugern setzte sich der MHL-Student Holger Roese aus der Klasse von Professor Johannes Fischer durch. Boshi Liu, Absolvent aus der Klasse von Professor Ulf Tischbirek wurde als Cellist in die Akademie aufgenommen. Als weitere Akademisten wählte die Jury aus Vertretern des TL und der MHL eine Violinistin, eine Bratschistin sowie einen Kontrabassisten aus, Zehn Monate lang sind die jungen Musiker Akademisten bei den Lübecker Philharmonikern und werden für maximal 150 Dienste eingesetzt. Sie können ihre musikalischen Kenntnisse weiter ausbauen, denn die MHL bietet ihnen zusätzlich einen Studienplatz im Rahmen der ,,Fort- und Weiterbildung”.

MHL-Präsident Professor Rico Gubler zur neuen Orchesterakademie: ,,Die MHL entwickelt mit diesem Angebot den Praxisbezug ihrer Orchesterausbildung systematisch weiter.”

Orchester können ihre Auswahl unter den besten Studierenden der international renommierten Musikhochschulen treffen, Auf eine Orchesterstelle bewerben sich bei den Lübecker Philharmonikern je nach Instrument rund 60 bis 100 junge Musikerinnen und Musiker. Sie erwarten eine exzellente Beherrschung des Instrumentes und große musikalische Flexibilität. Die Nachwuchsmusiker sollen sich integrieren und sich ein umfassendes Repertoire zu Berufsbeginn erarbeiten. Andreas Wolf, kommissarischer Generalmusikdirektor am Theater Lübeck erläutert, welche Bedeutung die Lübecker Orchesterakademie für die gewünschten Qualifikationen hat: ,,Mit der Weiterführung und -entwicklung der Orchesterakademie leisten wir einen großen, praxisbezogenen Beitrag zur Ausbildung des musikalischen Nachwuchses und stellen damit sicher, auch zukünftig langfristig auf bestens ausgebildete junge Musiker zurückgreifen zu können,“ Diese Qualifikationen kann weder ein Orchester noch eine Musikhochschule alleine vermitteln. Die Verzahnung von Hochschulausbildung und Orchesterarbeit bietet hingegen beste Voraussetzungen für den Einstieg in ein Berufsorchester,

Die Orchesterakademie löst das Orchesterstudio der MHL und des TL ab, das Musikstudierenden dank Unterstützung der Possehl-Stiftung bereits seit 2004 Einblick in die professionelle Orchesterarbeit ermöglicht hat. Rund 200 Studierende haben das Orchesterstudio seitdem durchlaufen.

Hintergrund Die deutsche Orchestervielfalt ist weltweit einmalig. Sie stammt unter anderem aus dem 18. und 19. Jahrhundert, der Zeit der ,,Kleinstaaterei”, als Deutschland in zahllose Territorien zersplittert war.129 Berufsorchester, darunter 118 staatliche, städtische oder anderweitig öffentlich finanzierte Orchester, zu denen auch das Philharmonische Orchester der Hansestadt Lübeck gehört, sowie 11 Rundfunkklangkörper, mit insgesamt rund 10.000 Mitgliedern sind bis heute erhalten. Hinzu kommen zahlreiche Kammer- orchester und Spezialensembles für AIte und Neue Musik, wie etwa die Kammer- philharmonie Bremen, Concerto Köln, das Münchner Kammerorchester oder das Ensemble Modern. Weiterhin gibt es Nachwuchsensembles wie das Bundesjugend- orchester und die Junge Deutsche Philharmonie sowie viele Laienorchester in unterschiedlichsten Besetzungen. Auch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind wichtige Arbeitgeber für junge Orchestermusikerinnen und -musiker. Sie betreiben die großen Rundfunksinfonieorchester in Hamburg, Berlin, Köln, Leipzig, Frankfurt, Stuttgart, Baden-Baden/Freiburg, Saarbrücken und München sowie einige kleinere Rundfunkorchester. Die Mitglieder der Klangkörper in Deutschland sind seit 1952 in der Deutschen Orchestervereinigung (DOV) organisiert. Je nach Größe gibt es A-, B-, C- oder D-Orchester. Zu den Spitzenorchestern mit internationaler Ausstrahlung gehören unter anderen das Philharmonische Staatsorchester Hamburg, die Berliner Philharmoniker, die Staatskapelle Dresden, die Staatskapelle Berlin, das Gewandhausorchester Leipzig, die Bamberger Symphoniker oder das Bayerische Staatsorchester München. Den Ruf dieser Orchester ist belegt durch international renommierte Chefdirigenten wie unter anderen Sir Simon Rattle, Christian Thielemann, Waleri Abissalowitsch Gergijew, Daniel Barenboim und Andris Nelsons. Die Bewerber- zahlen auf eine Stelle reichen von 20 bei kleineren Orchestern bis zu 300 bei den ganz großen Orchestern. Nach Statistiken der Deutschen Orchestervereinigung (Berlin) werden pro Jahr durch Altersabgänge bundesweit ca.12O bis 150 Planstellen frei und stehen grundsätzlich zur Wiederbesetzung zur Verfügung.

Quellen: Deutsche Orchestervereinigung (DOV), Deutsches Musikinforationszentrum(MlZ)

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